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Mieterstrom – Ein Modell für nachhaltige Energieversorgung in Mehrparteienhäusern

Mieterstrom ist ein Konzept, das es ermöglicht, den in einem Mehrparteienhaus durch eine Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) erzeugten Strom direkt an die Mieter im Gebäude zu liefern, ohne dass der Strom das öffentliche Netz durchläuft. Dadurch wird die Stromversorgung nachhaltiger, und die Bewohner profitieren von günstigem PV-Strom, der direkt vor Ort erzeugt wird. Das Mieterstrommodell basiert unter anderem auf einem klar definierten Messkonzept, das sowohl die Messung, Zuweisung als auch Abrechnung des erzeugten Stroms festlegt. Es hat sich als wichtiger Baustein zur Förderung der dezentralen Energieversorgung etabliert und wird in Deutschland mit einem Mieterstromzuschlag gefördert, um die Wirtschaftlichkeit solcher Projekte zu steigern.

Grundlagen des Mieterstrommodells

Im Mieterstrommodell können Mieter und Eigentümer von Mehrparteienhäusern aktiv an der Energiewende teilhaben und die Vorteile von lokal erzeugtem Solarstrom nutzen. Der Betreiber der PV-Anlage, häufig der Eigentümer oder ein spezialisiertes Unternehmen, wird zum Mieterstromanbieter und stellt den Solarstrom direkt den Bewohnern zur Verfügung. Dadurch können für den direkt vor Ort verbrauchten Mieterstrom Netzentgelte und oft auch die Stromsteuer gespart werden. Der Mieterstromanbieter erhält zusätzlich eine Vergütung für den überschüssigen Strom, der ins Netz eingespeist wird, gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Gesamtstrombilanz und Summenzähler

Die Gesamtstrombilanz des Gebäudes spielt im Mieterstrommodell eine zentrale Rolle und wird durch einen Summenzähler ermittelt. Der Eigentümer hat hierbei die Wahl zwischen einem physischen und einem virtuellen Summenzähler:

  • Physischer Summenzähler: Dieser Zähler misst die Gesamtstrommenge physisch und erfasst den gesamten erzeugten und verbrauchten Strom im Gebäude.
  • Virtueller Summenzähler: Hierbei werden die Strommengen rechnerisch durch den Messstellenbetreiber (MSB) ermittelt. Der MSB benötigt dazu immer aktuelle Informationen darüber, welche Parteien am Mieterstrom teilnehmen und welche nicht. Die rechnerisch ermittelten Strommengen werden an Mieterstromanbieter, Netzbetreiber und Energieversorger kommuniziert und spielen eine zentrale Rolle bei der Berechnung der EEG-Vergütung.

Der Mieterstromvertrag

Zwischen dem Mieterstromanbieter und den Mietern, die den lokal erzeugten Solarstrom beziehen möchten, wird ein Mieterstromvertrag geschlossen. Auch wenn der Vermieter gleichzeitig Mieterstromanbieter ist, gilt ein Kopplungsverbot zum Mietvertrag. Das bedeutet, dass der Abschluss eines Vertrags für den Mieterstrom keine Bedingung für die Wohnraumvermietung darstellen darf. Der Vertrag regelt unter anderem den Strompreis, der für Mieter laut Gesetz höchstens 90 % des lokalen Grundversorgungstarifs betragen darf, sowie die Konditionen zur Lieferung des Reststroms (Netzstrom), den die Mieter zusätzlich zum Solarstrom beziehen.

Rolle des Mieterstromanbieters als Vollversorger

Ein wesentlicher Bestandteil des Mieterstrommodells ist, dass der Mieterstromanbieter nicht nur den lokal erzeugten PV-Strom liefert, sondern auch den Netzstrom (Reststrom) für die Mieter bereitstellt. Dieser Reststrom wird dann bezogen, wenn der lokal erzeugte PV-Strom nicht ausreicht, um den Bedarf der Mieter vollständig zu decken. Der Mieterstromanbieter übernimmt damit eine Vollversorgungsrolle und ist verpflichtet, für die kontinuierliche Versorgung der Mieter zu sorgen. Dies erfordert die Integration eines Reststromvertrags mit einem Energielieferanten, um eine lückenlose Stromversorgung sicherzustellen.

Betreibermodelle im Mieterstrom

Für die Umsetzung des Mieterstrommodells gibt es mehrere mögliche Betreibermodelle, die je nach Wunsch und Kapazitäten des Eigentümers gewählt werden können. Der Markt bietet eine Reihe spezialisierter Dienstleister, die Eigentümern unterschiedliche Servicepakete für die Umsetzung und Abrechnung des Mieterstrommodells anbieten. Die häufigsten Betreibermodelle umfassen:

  • Contracting-Modell (Full-Service): Hier übernimmt ein externer Anbieter die Planung, Installation, den Betrieb sowie die Abrechnung und Wartung der PV-Anlage. Der Eigentümer wird damit entlastet und erhält in der Regel eine fixe Vergütung oder eine Beteiligung an den Einnahmen. Dieses Modell ist besonders für Eigentümer geeignet, die wenig Verwaltungsaufwand haben möchten.
  • Lieferkettenmodell: Bei diesem Modell verkauft der Anlagenbetreiber den erzeugten Mieterstrom an einen Abnehmer, der dann den Strom an die Mieter weiterverkauft. Dadurch wird der Anlagenbetreiber nicht zum direkten Stromlieferanten für die Mieter, sondern fungiert als Zwischenlieferant. Der Abnehmer übernimmt die Weitervermarktung und die Abrechnung mit den Mietern.
  • Abrechnungsservice: Eigentümer, die das Mieterstrommodell selbst betreiben, können die Abrechnung und gegebenenfalls Teile des administrativen Aufwands an einen externen Dienstleister auslagern. Solche Anbieter übernehmen unter anderem die Erstellung der Abrechnungen, die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen und gegebenenfalls auch die Abwicklung der EEG-Vergütung.

Vorteile des Mieterstrommodells

 Das Mieterstrommodell bietet für Vermieter und Mieter gleichermaßen Vorteile:

  • Kostensparender Mieterstrom: Der lokal erzeugte Solarstrom ist in der Regel günstiger als der reguläre Strom aus dem Netz, da Netzentgelte und einige Abgaben entfallen.
  • Beitrag zur Energiewende: Durch den Einsatz einer PV-Anlage und die direkte Nutzung des erzeugten Stroms wird die Energiewende vorangetrieben und der CO₂-Ausstoß verringert.
  • Wertsteigerung der Immobilie: Vermieter profitieren von der Wertsteigerung und Attraktivität ihrer Immobilie, wenn sie Mietern nachhaltige Energielösungen anbieten können.

Das Mieterstrommodell hat sich somit als eine attraktive Möglichkeit erwiesen, um erneuerbare Energien in die urbane Energieversorgung zu integrieren und gleichzeitig die Stromkosten für die Bewohner zu senken. Es bietet nicht nur einen Beitrag zur umweltfreundlichen Energieversorgung, sondern auch wirtschaftliche Vorteile für alle Beteiligten.

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Carola Ochs

Product Manager, imovis

Seit 2017 entwickelt Carola Ochs Produktstrategien rund um SMGW und CLS. Nach Stationen bei PPC und beyonnex.io treibt sie Produkt- und Innovations-Strategien für imovis: vom wettbewerblichen Messstellenbetrieb bis zu PV-Konzepten für Mehrfamilienhäuser.

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